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Ein Stern für den „Little General“

Die Karriereleiter von Objekten

Augsburg / Regensburg, Dezember 2015. Unscheinbar liegt er da und verbirgt einen unbezahlbaren Schatz – ein unbezahlbares Stück Erinnerung: der Stern mit nur zwei Zentimetern Durchmesser, der den kleinen Kurt aus München-Schwabing um 1950 zum „Little General“ befördert hat. Kurt Fischbacher ist inzwischen 69 Jahre alt und hält diesen Stern bis heute in Ehren. Er erinnert ihn an seine Schwabinger Kindheit und an seine Freundschaft mit amerikanischen Soldaten.

Der Stern und seine Geschichte

Angrenzend an das amerikanische Militärhospital in Schwabing fing alles an. Dort hielt sich Kurt mit seinen 4 Jahren häufig auf und beobachtete neugierig die Soldaten der US-Armee, wenn sie auf ihrem Weg zum Sportplatz an der Isoldenstraße zum Baseball spielen waren. Der Platz diente auch als Hubschrauberlandeplatz, weshalb er im Volksmund den Beinamen „Amiwiesn“ bekam.

Kurt schloss schnell mit den Soldaten Freundschaft. Sie waren so begeistert von dem kleinen bayerischen Buben, dass sie ihn zum Glücksbringer und Maskottchen der Baseball-Mannschaft beförderten. In maßgeschneiderter Spielkleidung durfte Kurt die Mannschaft fortan zu Wettspielen begleiten, wie sie damals zum Beispiel in Bad Tölz stattfanden. Der angenehme Nebeneffekt für Kurt: Er lernte schnell Englisch, wuchs quasi zweisprachig auf und schuf sich so eine kleine Finanzquelle. Die Amerikaner setzten ihn als Dolmetscher ein, wenn sie nicht Englisch sprechende Besucher erwarteten.

Damit alles Recht und Ordnung hatte, wurde Kurt verwaltungstechnisch der „Military Police“ zugeordnet. Der Sergeant legte eine „Gehaltsliste“ für ihn an, auf das die Mitglieder der Military Police regelmäßige Einzahlungen leisteten. Mit einem Ausweis ausgestattet konnte er im Militärhospital ein und aus gehen, hatte freien Zugang zum Kasino und ins Kino und wurde mit zwei Sternen ausstaffiert, die ihn auf der Schulter haftend den Rang eines „Little Generals“ geben sollten. 1957 wurde das Krankenhaus an die Stadt München zurückgegeben, weshalb sich der Kontakt zu den amerikanischen Soldaten nach und nach auflöste.

Kurt Fischbacher aber bekommt heute noch leuchtende Augen, wenn er von dieser Zeit erzählt, die für ihn erlebnis- und lehrreich, aber auch so lukrativ war, dass er sich regelmäßig eine Cola und sein Lieblingseis „Banana Split“ leisten konnte. Der englischen Sprache und der amerikanischen Kultur blieb er stets treu: Kurt Fischbacher unterrichtete bis ins Jahr 2000 Englisch an Grund- und Hauptschulen, er bereiste ein paar Mal die USA und hatte jeweils das typische „American English“ sofort wieder im Ohr und auf der Zunge.

Der Stern wird Fundstück

Über 1.200 unterschiedlichste Objekte aus der Zeit des 19. und 20. Jahrhunderts konnten für das Museum der Bayerischen Geschichte innerhalb von drei Jahren zusammengetragen werden. Stern, Ausweis und Fotos von Kurt Fischbacher gehören seit August 2015 zu diesem Bestand dazu. Fischbacher hatte aus der Zeitung von den Sammelaufrufen für das Museum der Bayerischen Geschichte erfahren und sich beim Museumsteam gemeldet. Seine Geschichte ist ein spannendes und positives Dokument der Nachkriegszeit und wird nun vorbereitet, um über das Museum der Bayerischen Geschichte weiter getragen und erzählt zu werden, analog wie digital.

Der Stern bekommt eine Bühne

Zunächst stehen Stern, Ausweis und Fotos sehr kleinteilige Arbeiten bevor. Erst wird inventarisiert und dokumentiert, dann geht es an die Konservierung und an die Digitalisierung. Der letzte Schritt ist maßgeblich für die Bühnenreife der Geschichte Kurt Fischbachers. Denn nicht alle der über 1.200 <link>Objekte werden in der Dauerausstellung des Museums der Bayerischen Geschichte Platz finden. Aber sie stehen alle bereit für vielfältige weitere Verwendungszwecke: Sei es für eine Sonderausstellung, eine Publikation oder sei es für die virtuelle Erweiterung des Museums der Bayerischen Geschichte ins weltweite Netz, der <link internal-link internal link in current>Bavariathek.

Bavariathek: Online-Portal und Werkbank

Die Bavariathek macht das Museum fit für die multimediale Zukunft. Die historischen Bestände werden digitalisiert, in ein Medienarchiv aufgenommen und sind ab 2018 über ein eigenes Online-Portal öffentlich zugänglich. Gepaart mit verschiedenen Medienanwendungen zu spezifischen Themen der bayerischen Geschichte wird das Archiv insbesondere Schülern und Studenten, aber auch allen historisch Interessierten, zu Recherche- und Dokumentationszwecken zur Verfügung stehen. Und nachdem die Bavariathek sich nicht nur im virtuellen Raum bewegen sondern in Regensburg mit eigenen Studios und Medienräumen ausgestattet sein wird, wird sie sich auch als Werkbank präsentieren und den Museumsbesuch spannend ergänzen. So wird es zum Beispiel für Schulklassen darum gehen nicht nur ihr geschichtliches Wissen, sondern auch ihre Medienkompetenz zu vertiefen. Im Mittelpunkt stehen der kritische Umgang mit den Recherchetools des Internets, das Dokumentieren und Interpretieren historischer Quellen sowie das Erstellen eigener Medienerzeugnisse: Mit den Ergebnissen von Projektarbeiten können Schüler zum Beispiel virtuelle Ausstellungen produzieren, eigene Apps, Filme, Podcasts oder Publikationen.

Objekte für das neue Museum – die Fahndung läuft weiter

Gut erhaltene und überlieferte Preziosen, die Gesellschafts- und Kulturgeschichte dokumentieren, werden für das Museum der Bayerischen Geschichte laufend gesucht. Dank der Schenkungsbereitschaft vieler Bürgerinnen und Bürger Bayerns konnte das Museumsteam nach etlichen Sammelaufrufen bereits über 1.200 Objekte zusammentragen. Darunter zum Beispiel Stern, Ausweis und Fotos von Kurt Fischbacher, aber zum Beispiel auch Utensilien eines Arbeiters vom Bau der Walhalla in Donaustauf, ein Sanitätsschlitten aus dem Ersten Weltkrieg, Hochzeitskleider aus Fallschirmseide aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg und die Eismaschine eines italienischen Einwanderers, der damit Anfang der 1970er Jahre eine Eisdiele im Bayerischen Wald eröffnete.

Es werden auch weiterhin Exponate und Geschichten gesucht: Erinnerungen an Urgroßeltern und Großeltern, Erinnerungen an die Nachkriegszeit, an die Zeit des Wiederaufbaus und an Ereignisse der jüngsten Vergangenheit. Alle, die Objekte der Zeitgeschichte verwahren und diese an einem sicheren Ort wissen wollen, sind aufgerufen, sich beim Museums-Team im Haus der Bayerischen Geschichte in Augsburg zu melden:
<link>museum@hdbg.bayern.de
Telefon: 0821-3295-130