Um 1880 kamen Großgastronomie-Betriebe auf, die sich vom traditionellen Wirtshaus unterschieden. Diese „Bierpaläste“ boten ein vielfältiges Raumprogramm, hochwertige künstlerische Ausgestaltung und konnten mehrere tausend Gäste gleichzeitig bewirten.
Zwischen 1880 und 1902 eröffneten die Münchner Großbrauereien 20 neue Bierpaläste in der Stadt – im Durchschnitt fast einen pro Jahr! Häufig nutzten sie dazu die Grundstücke ihrer Sommerkeller. Durch die Umgestaltung konnte man dort nun das ganze Jahr ausschenken. Andere Brauer bauten ihre Stammhäuser in der Innenstadt zur reinen Gastronomie um und verlegten die Produktion in die Vorstädte.
Die wachsende Zahl der Bierpaläste zeigt die starke Konkurrenz der Brauereien untereinander: Es genügte nicht mehr allein, ein gutes Bier zu brauen. Man machte es den Gästen nun auch mit auffälligen Bauten, Musikprogramm und bequemen Möbeln schmackhaft. Zudem boten die Säle Raum für Großveranstaltungen: Bis zu 6.000 Besucherinnen und Besucher konnten sich zum Tanz oder für politische Kundgebungen hier versammeln.
Nicht nur auf den Weltausstellungen, sondern auch auf kleineren internationalen oder regionalen Ausstellungen machten die Brauer aus dem Königreich die Wirtshauskultur im 19. Jahrhundert bekannt. Vielerorts etablierten sie sich dadurch dauerhaft: In Paris gab es um 1900 über hundert Ausschänke, in denen bayerisches Bier floss.
In anderen Metropolen gingen die Großbrauereien noch einen Schritt weiter: Sie etablierten Bierpaläste nach Münchner Vorbild. Schon bald entfernten sich die Architekten aber vom Original: In künstlerisch weniger hochwertig gestalteten Sälen konnte man, natürlich in übersteigertem „bayerischem“ Ambiente, auch in Florenz, Stockholm, Straßburg, Wien, New York oder Berlin die Wirtshauskultur erleben. Neben dem Getränk selbst entwickelte sich also auch der Bierpalast zum weltweit gefragten Exportschlager.
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